Sonntag, 12. Februar 2012
Die 100 besten Filme – 23. Cocktail für eine Leiche
marla s, 16:31h
Sechseinhalb Jahrzehnte nach Erscheinen des Films kann man auf den ersten Blick schwerlich nachvollziehen, wie aktuell und hochbrisant der philosophische Background damals gewesen sein muss. Geht es doch um Nitzsches Theorie vom Übermenschen, der durch elitär legitimierte und auf eigentümliche Art objektiv festgestellte Weise Zugang zu Erkenntnissen hat, die sich der breiten Masse verwehren. Dieses Wissen ermöglicht und erlaubt es ihm, das Schicksal der Allgemeinheit und somit auch das einzelner „Untermenschen“ zu lenken. Dass dies bis hin zur Entscheidung über Leben und Tod geht, mithin zur „Vernichtung lebensunwerten Lebens“, war auch zu Nitzsches Zeiten nicht jedermanns Cup of Tea, wenngleich es fast ein Jahrhundert lang immer wieder diskutiert wurde und im dritten Reich (und nicht nur dort) grausige praktische Anwendung fand.
Mittlerweile hat sich das moderne Bewusstsein weiterentwickelt und stellt derartige Fragen auf einem höheren Niveau - wenngleich moralisch immer noch streitbar - Egal ob es um die Abtreibung von Embryos mit Behinderungen, öffentlich zugängliche Verzeichnisse von Sexualstraftätern oder die Todesstrafe geht. Wir haben zweifellos einen höheren Grad der Ausdifferenzierung erreicht, dümpeln aber in diesen Fragen letztlich immer noch in einem Sumpf peinlicher Dummheit vor uns hin. Und auch das Problem der gesellschaftslenkenden Eliten, deren Zugänge zu Recht, Wirtschaft, Macht und Wissenschaft für die Meisten nicht erreichbar sind, hat sich seit dem Erscheinen von Hitchcocks Meisterwerk eher verschärft.
Insofern war und ist „Cocktail für eine Leiche“ thematisch hochaktuell. Abgesehen davon haben wir es aber auch mit einem cineastischen Meisterwerk zu tun. Dies gilt zunächst mal für zahlreiche Darstellungen, z. B. spielt James Stewart hier großartig. Überhaupt zeigt das gesamte Ensemble große Kunst. Dies gilt vor allem angesichts der Tatsache, dass der Film insgesamt nur 7 oder 8 Schnitte aufweist, die aber auch nur wegen der damals durch die Länge der Filmrollen begrenzten Aufnahmedauer notwendig waren. Im Wesentlichen erleben wir ein einziges Theaterstück, garniert mit so manch großartiger Kamerafahrt und vielen netten Schwenks. Durch Hitchcocks Ehrgeiz, mit möglichst wenigen Schnitten auszukommen, entstehen einige großartige Einstellungen: Z. B. sehen wir, wie Mrs. Wilsen die Truhe abräumt und das Geschirr in die Küche bringt, während wir rein akustisch das Gespräch der übrigen Partygäste verfolgen. Ab und an folgt man den Darstellern auch durch die Wohnung, in der Regel bleibt die Kamera aber stehen und die Akteure betreten die Szenerie oder verlassen sie.
All dies verstärkt – neben dem ganz dezenten und durchaus passenden Overacting – den Eindruck, in einem Theater zu sitzen und einem Bühnenstück zu folgen. Daher ist „Cocktail für eine Leiche“ nur begrenzt mit klassischen Hollywood-Produktionen zu vergleichen. Tut man dies dennoch, stellt man allerdings fest, dass der Film gerade wegen seiner Theatralik einen besonderen Platz unter den größten Filmen einnimmt. Nebenher weist er einige großartige Dialoge und mit Joan Chandler auch eine wunderschöne Hollywoodfrau der alten Schule auf, die, wie eine leichte Version der großen Katharine Hepburn und gemessen am damals herrschenden Frauenbild, ausgesprochen spritzig und selbstbewusst agiert. Damit wirkt sie wie eine Ankündigung der wunderbaren Frauenrollen, die den späteren Hitchcock-Filmen Glanz verliehen und Darstellerinnen wie Tippi Hedren, Kim Novak oder Grace Kelly berühmt machten.
Mittlerweile hat sich das moderne Bewusstsein weiterentwickelt und stellt derartige Fragen auf einem höheren Niveau - wenngleich moralisch immer noch streitbar - Egal ob es um die Abtreibung von Embryos mit Behinderungen, öffentlich zugängliche Verzeichnisse von Sexualstraftätern oder die Todesstrafe geht. Wir haben zweifellos einen höheren Grad der Ausdifferenzierung erreicht, dümpeln aber in diesen Fragen letztlich immer noch in einem Sumpf peinlicher Dummheit vor uns hin. Und auch das Problem der gesellschaftslenkenden Eliten, deren Zugänge zu Recht, Wirtschaft, Macht und Wissenschaft für die Meisten nicht erreichbar sind, hat sich seit dem Erscheinen von Hitchcocks Meisterwerk eher verschärft.
Insofern war und ist „Cocktail für eine Leiche“ thematisch hochaktuell. Abgesehen davon haben wir es aber auch mit einem cineastischen Meisterwerk zu tun. Dies gilt zunächst mal für zahlreiche Darstellungen, z. B. spielt James Stewart hier großartig. Überhaupt zeigt das gesamte Ensemble große Kunst. Dies gilt vor allem angesichts der Tatsache, dass der Film insgesamt nur 7 oder 8 Schnitte aufweist, die aber auch nur wegen der damals durch die Länge der Filmrollen begrenzten Aufnahmedauer notwendig waren. Im Wesentlichen erleben wir ein einziges Theaterstück, garniert mit so manch großartiger Kamerafahrt und vielen netten Schwenks. Durch Hitchcocks Ehrgeiz, mit möglichst wenigen Schnitten auszukommen, entstehen einige großartige Einstellungen: Z. B. sehen wir, wie Mrs. Wilsen die Truhe abräumt und das Geschirr in die Küche bringt, während wir rein akustisch das Gespräch der übrigen Partygäste verfolgen. Ab und an folgt man den Darstellern auch durch die Wohnung, in der Regel bleibt die Kamera aber stehen und die Akteure betreten die Szenerie oder verlassen sie.
All dies verstärkt – neben dem ganz dezenten und durchaus passenden Overacting – den Eindruck, in einem Theater zu sitzen und einem Bühnenstück zu folgen. Daher ist „Cocktail für eine Leiche“ nur begrenzt mit klassischen Hollywood-Produktionen zu vergleichen. Tut man dies dennoch, stellt man allerdings fest, dass der Film gerade wegen seiner Theatralik einen besonderen Platz unter den größten Filmen einnimmt. Nebenher weist er einige großartige Dialoge und mit Joan Chandler auch eine wunderschöne Hollywoodfrau der alten Schule auf, die, wie eine leichte Version der großen Katharine Hepburn und gemessen am damals herrschenden Frauenbild, ausgesprochen spritzig und selbstbewusst agiert. Damit wirkt sie wie eine Ankündigung der wunderbaren Frauenrollen, die den späteren Hitchcock-Filmen Glanz verliehen und Darstellerinnen wie Tippi Hedren, Kim Novak oder Grace Kelly berühmt machten.
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