Sonntag, 29. Januar 2012
Die 100 besten Filme – 16. Schindlers Liste
marla s, 15:57h
Zunächst möchte man vielleicht sagen: Wieder einer dieser Verarbeitungsfilme Spielbergs, an dem sich die – religiös und pseudowissenschaftlich mehr oder weniger fanatischen – Geister hervorragend scheiden können. Vielleicht ist die Richtung dieser Scheidung in Schindlers Liste deutlicher auszumachen als z. B. bei „München“ (schließlich finden nahezu Alle den Holocaust verwerflich), aber polarisieren lässt sich mit dem Film allemal. Und schließlich war auch zu erwarten, dass dieses Stück Geschichte irgendwann einmal „verspielbergt“ werden würde.
Wie immer soll dieses ganze Drumherum hier nicht interessieren. Es ist mir egal, wie der Regisseur oder der Plot sonst moralinduziert behandelt werden. Mich interessiert nicht, unter welchen Bedingungen die Dreharbeiten in Polen stattfanden und wie rücksichtsvoll Spielberg damals mit der einheimischen Bevölkerung umgegangen ist. Und vor allem interessiert es mich nicht im Geringsten, wie stark der Film historische Fakten berücksichtigt. Geschichte ist eh immer eine Frage der aktuellen Interpretation, die Vergangenheit ist nur aus der Aktualität heraus zugänglich, sie ist hier und heute und war niemals vorher.
Aber genug der Vorrede. Der Film ist spitzenklasse, für seine Verhältnisse, d.h. vor allem hinsichtlich der Komplexität der erzählten Geschichte, recht arm an Fehlern und er weist jede Menge Spannung und auch richtig guten Pathos auf. Es war ein cleverer Schachzug des Regisseurs, das Ganze in ein messerscharfes Schwarzweiß zu tunken, denn damit wirkt so manche Grausamkeit nicht über die Maßen grausam und, das scheint mir das eigentlich Geniale an der Färbung, man bekommt die notwendige Melancholie im Gemüt des Zuschauers quasi nebenher und ohne speziell darauf abgestimmte Szenen oder Musik erzeugt. Apropos Musik: Hier bietet der Film ein klassisches Beispiel dafür, wie perfekt Musik in den Hintergrund treten und lediglich zur Unterstützung der Handlung herangezogen werden kann (Gran Torino wäre ein weiteres Beispiel für diese Anwendung der Filmmusik), anstatt Handlung zu machen.
Dafür sprechen die Bilder umso deutlicher, in dieser Hinsicht ist Schindlers Liste ein Meilenstein. Absolut perfekte Einstellungen erzwingen fast dauerhaft eine Art Live-Teilnahme des Zuschauers und lassen ihn in so manchem Elend derart lange verweilen, dass er sich schon anschicken möchte, beschämt oder angewidert wegzusehen. Dass man es nicht tut, verdankt sich auch dem Schnitt des Films, der ebenfalls seinesgleichen sucht.
Die wirklichen Superleistungen finden sich aber im Spiel von einigen der Darsteller. Ralph Fiennes als Amon Göth überstrahlt natürlich alle Anderen, aber auch der Hauptakteur Liam Neesen spielt absolut überzeugend (wenn auch nicht unbedingt den historischen Oskar Schindler, der uns charakterlich etwas anders überliefert ist). Ben Kingsley rührt den Zuschauer ein ums andere Mal zu Tränen und so gehört denn auch die Szene, in der Schindler ihn fragt, ob man eine vollkommen neue Sprache erfinden müsse, für mich zu den besten Filmsequenzen aller Zeiten.
Liam Neeson hat seinen größten Moment wohl in der Szene, in welcher er nach dem Erhalt des Ringes zusammenbricht und ihm sehr glaubhaft bewusst wird, dass all sein materieller Besitz sich ganz konkret in Menschenleben aufrechnen lässt. Ralph Fiennes hat sehr viele starke Momente im Film, allein schon das morgendliches Aufstehen, Pinkeln und mit dem Gewehr „spielen“ des Amon Göth zeigt, dass ein guter Regisseur mithilfe eines guten Darstellers lediglich wenige Sekunden braucht, um den Charakter einer Rolle umfassend darzulegen.
Diesen Film als Ganzes nüchtern einzuschätzen ist nicht einfach, weil sich derart viele moralgetränkte Beurteilungen um sein Thema ranken. Darum sei hier noch einmal festgehalten: Tolle Schauspieler, super Drehbuch, eine bemerkenswert subtile Musik, exzellentes Szenenbild und Schnitt und ein Drehbuch, dass den Zuschauer ganz tief in den Film hineinreißt. Anders als „Die Verurteilten“, wo dies zum Teil mit ähnlichen dramaturgischen Mitteln geschieht, werden wir aber am Ende nicht versöhnlich entlassen. Im Gegenteil: Schindlers Liste hinterlässt tiefe Wunden und bietet keinerlei Therapie an, um diese zu verarzten. Man muss jetzt nicht den moralischen Zeigefinger heben und sagen, dass dies auch gut so ist, weil die abgebildeten Ereignisse sich nie wiederholen dürfen (das haben sie im Übrigen seither schon mehrfach getan). Es ist auch dramaturgisch ein interessanter Kniff, der gar nicht so leicht zu fabrizieren ist und auf diesem Niveau sehr selten gelingt.
Wie immer soll dieses ganze Drumherum hier nicht interessieren. Es ist mir egal, wie der Regisseur oder der Plot sonst moralinduziert behandelt werden. Mich interessiert nicht, unter welchen Bedingungen die Dreharbeiten in Polen stattfanden und wie rücksichtsvoll Spielberg damals mit der einheimischen Bevölkerung umgegangen ist. Und vor allem interessiert es mich nicht im Geringsten, wie stark der Film historische Fakten berücksichtigt. Geschichte ist eh immer eine Frage der aktuellen Interpretation, die Vergangenheit ist nur aus der Aktualität heraus zugänglich, sie ist hier und heute und war niemals vorher.
Aber genug der Vorrede. Der Film ist spitzenklasse, für seine Verhältnisse, d.h. vor allem hinsichtlich der Komplexität der erzählten Geschichte, recht arm an Fehlern und er weist jede Menge Spannung und auch richtig guten Pathos auf. Es war ein cleverer Schachzug des Regisseurs, das Ganze in ein messerscharfes Schwarzweiß zu tunken, denn damit wirkt so manche Grausamkeit nicht über die Maßen grausam und, das scheint mir das eigentlich Geniale an der Färbung, man bekommt die notwendige Melancholie im Gemüt des Zuschauers quasi nebenher und ohne speziell darauf abgestimmte Szenen oder Musik erzeugt. Apropos Musik: Hier bietet der Film ein klassisches Beispiel dafür, wie perfekt Musik in den Hintergrund treten und lediglich zur Unterstützung der Handlung herangezogen werden kann (Gran Torino wäre ein weiteres Beispiel für diese Anwendung der Filmmusik), anstatt Handlung zu machen.
Dafür sprechen die Bilder umso deutlicher, in dieser Hinsicht ist Schindlers Liste ein Meilenstein. Absolut perfekte Einstellungen erzwingen fast dauerhaft eine Art Live-Teilnahme des Zuschauers und lassen ihn in so manchem Elend derart lange verweilen, dass er sich schon anschicken möchte, beschämt oder angewidert wegzusehen. Dass man es nicht tut, verdankt sich auch dem Schnitt des Films, der ebenfalls seinesgleichen sucht.
Die wirklichen Superleistungen finden sich aber im Spiel von einigen der Darsteller. Ralph Fiennes als Amon Göth überstrahlt natürlich alle Anderen, aber auch der Hauptakteur Liam Neesen spielt absolut überzeugend (wenn auch nicht unbedingt den historischen Oskar Schindler, der uns charakterlich etwas anders überliefert ist). Ben Kingsley rührt den Zuschauer ein ums andere Mal zu Tränen und so gehört denn auch die Szene, in der Schindler ihn fragt, ob man eine vollkommen neue Sprache erfinden müsse, für mich zu den besten Filmsequenzen aller Zeiten.
Liam Neeson hat seinen größten Moment wohl in der Szene, in welcher er nach dem Erhalt des Ringes zusammenbricht und ihm sehr glaubhaft bewusst wird, dass all sein materieller Besitz sich ganz konkret in Menschenleben aufrechnen lässt. Ralph Fiennes hat sehr viele starke Momente im Film, allein schon das morgendliches Aufstehen, Pinkeln und mit dem Gewehr „spielen“ des Amon Göth zeigt, dass ein guter Regisseur mithilfe eines guten Darstellers lediglich wenige Sekunden braucht, um den Charakter einer Rolle umfassend darzulegen.
Diesen Film als Ganzes nüchtern einzuschätzen ist nicht einfach, weil sich derart viele moralgetränkte Beurteilungen um sein Thema ranken. Darum sei hier noch einmal festgehalten: Tolle Schauspieler, super Drehbuch, eine bemerkenswert subtile Musik, exzellentes Szenenbild und Schnitt und ein Drehbuch, dass den Zuschauer ganz tief in den Film hineinreißt. Anders als „Die Verurteilten“, wo dies zum Teil mit ähnlichen dramaturgischen Mitteln geschieht, werden wir aber am Ende nicht versöhnlich entlassen. Im Gegenteil: Schindlers Liste hinterlässt tiefe Wunden und bietet keinerlei Therapie an, um diese zu verarzten. Man muss jetzt nicht den moralischen Zeigefinger heben und sagen, dass dies auch gut so ist, weil die abgebildeten Ereignisse sich nie wiederholen dürfen (das haben sie im Übrigen seither schon mehrfach getan). Es ist auch dramaturgisch ein interessanter Kniff, der gar nicht so leicht zu fabrizieren ist und auf diesem Niveau sehr selten gelingt.
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