Montag, 2. Januar 2012
Die 100 besten Filme - 3. Memento
Irgendwer schrieb mal in den Weiten des Internet: "Inception is great, loud, fast and full of action, but Memento is... pure." Das trifft ganz genau, was man über diesen Film sagen kann. Thematisch ist er nicht weit weg vom großen lauten Nachfolger und filmisch, d.h. bezogen auf Handlung, Drehbuch, Regie, Idee und Spiel ist er wahrscheinlich sogar besser. Aber Inception ist einfach so groß und laut, dass man warten muss, bis der Staub sich gelegt hat, um die anderen beurteilen zu können.

Wenn ich bei einer guten Fee ein paar Wünsche frei hätte, so wäre einer davon ganz sicher: Memento noch nicht gesehen zu haben. Bei keinem anderen Film wäre es so großartig, ihn noch einmal zum ersten Mal zu sehen. Wenngleich die Handlung scheinbar schnell erzählt ist - Mann rächt den Tod seiner Frau - so ist damit eben überhaupt noch nichts erzählt. Die Fragmente, mit denen der Film arbeitet, sind jedes für sich so großartig erzählt, dass man ständig geneigt ist, sich darin zu verlieren. Erst beim dritten oder vierten Mal Anschauen fiel mir auf, wie meisterhaft verknüpft diese Fragmente sind.

Und erst das Spiel: Unglaublich, wie sich Leonards Gemützustand (Panik, Irritation, Wut) an seinen Augen ablesen lässt. Herrlich, wie er durch die Welt irrt und dabei immer wieder feststellt, dass es sein Verstand ist, durch den er irrt.

Die Anordnung der Fragmente mag für Viele beim ersten Sehen des Films verwirrend sein. Schön ist, dass der Film schon allein deshalb auch beim 10. Ansehen noch spannend ist. Man hat immer irgendwie das Gefühl, noch nicht alles verstanden zu haben.

Memento erlaubt in vielerlei Hinsicht Superlative zu gebrauchen: Guy Pearce bietet eine der besten Darstellungen aller Zeiten, das Originaldrehbuch ist wahrscheinlich das beste aller Zeiten und für mich ist der Film - auch wenn das für Kenner des Films vielleicht schräg klingt - der größte Liebesfilm aller Zeiten.

Schließlich muss noch erwähnt werden, dass Demenz noch nie so gut dargestellt worden ist wie in Memento. Diesen Film im Originalschnitt zu sehen, lässt den Betrachter ganz tief hinein fühlen in den Zustand der permanenten Gegenwart, der Selbst- und Weltauflösung, der mit einer Demenzerkrankung einhergeht.

Wieder einmal ist das Ende meines Erachtens die beste Szene in einem Film, der eigentlich ausschließlich aus großartigen Szenen besteht: Es macht Gänsehaut, nur daran zu denken, wie Leonard sich ganz bewusst dafür entscheidet, dass Teddy "sein" John G., also derjenige, den er sucht, sein soll. Der ganze Film wird in diesem Moment klar und zugleich extrem verwirrend. Gleichzeitig hat man das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, weil man erkennt, dass dieses Ende zugleich die erste Szene der Haupthandlung des Films ist.

Für alle, denen das zu viel Verwirrung ist, bietet die DVD eine Fassung des Films, die einem chronolgischen Schnitt folgt. Man sollte diese Fassung aber erst ansehen, nachdem man sich ein paar Mal mit der anderen herumgeschlagen hat. Man verschenkt sonst das großartigste Finish der Filmgeschichte.

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